Einsatzbericht Sophie Huemer

Inzwischen ist schon wieder einige Zeit vergangen seit ich von meinem Einsatz im April in Thessaloniki zurückgekommen bin. Die dort verbrachte Zeit und getane Arbeit lässt mich immer noch nicht ganz los und es wird sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich einen Einsatz dort leiste. Dieser Bericht soll euch einen Einblick in meine Arbeit in Thessaloniki geben und die verschiedenen Organisationen mit denen ich persönlich in meiner Zeit dort aber auch aidhoc sehr viel zusammen arbeitet, näher vorstellen.

epanomi - aid hoc Hilfseinsatz Flüchtlingslager Griechenland
v.l.n.r.: Sophie, Roos, Mahmoud, Jonas

Was habe ich gemacht und mit wem habe ich zusammen gearbeitet?

Offiziell war ich mit der Organisation IHA (InterEuropean Human Aid Association, http://www.iha.help/) unterwegs. Der Grossteil der Arbeit bestand im Sortieren von Sachspenden im Epigrafes Warehouse, das im Moment von der Organisation TruckShop (https://www.facebook.com/mobileclothesproject/) geführt wird und von den Volunteers der IHA und Team Bananas (http://teambananas.org/) tatkräftig unterstützt wird. Neben dem Sortieren der Sachspenden haben wir wöchentlich zwei fixe Gemüseverteilungen und zwei fixe Bananenverteilungen vorbereitet und durchgeführt. Zusätzlich werden regelmässig andere Verteilungen (z.B. Kleidung) organisiert. Ein weiterer wichtiger Teil der Arbeit in Thessaloniki ist das tägliche Versorgen der obdachlosen Flüchtlinge (und Griechen) mit Essen. Diese Verteilungen werden von FoodKind (http://www.foodkind.org/) und Soulfood Kitchen (https://www.facebook.com/dirtybunch/?fref=mentions) durchgeführt. Bei den Frühstücksverteilungen konnten wir FoodKind täglich mit mindestens einem Volunteer unterstützen. Neben diesen Organisationen, mit denen ich praktisch täglich zu tun hatte, sind noch einige weitere Organisationen vor Ort, wie beispielsweise DocMobile (medizinische Versorgung), advocates abroad (juristische Unterstützung), Help Refugees (betreiben ebenfalls ein Warehouse), InterVolve (Betreuung einiger Camps) und einige weitere. Zusätzlich zu den internationalen Volunteers, sind etwa ein Viertel der Helfer selbst Flüchtlinge, die in Griechenland feststecken. Der Grossteil von ihnen arbeitet als Übersetzer und unterstützt die verschiedenen Organisationen bei ihrer täglichen Arbeit in den Camps und bei den Verteilungen.

Aber auch die Zusammenarbeit und Freundschaft mit unseren Nachbarn war sehr wichtig. Direkt neben dem Warehouse gibt es eine Schweinefarm. Der Schweinebauer heisst Nikos und hilft uns regelmässig bei der Abfallentsorgung und ähnlichen Dingen. Im Gegenzug helfen wir ihm regelmässig bei kleineren Reparaturen auf seinem Hof. Auch wenn die Kommunikation manchmal etwas schwierig ist und nur mit Händen und Füssen stattfindet (Nikos spricht kein Englisch und die meisten Volunteers kein Griechisch bzw. Georgisch), hat sich innzwischen eine Freundschaft entwickelt und Nikos sieht die Volunteers als seine erweiterte Familien an. So hat uns Nikos am Ostersonntag beispielsweise zum traditionellen grillen eingeladen, extra ein Schwein geschlachtet und uns mit selbstgebranntem Schnaps versorgt.

Wie ihr seht sind sehr viele Organisationen vor Ort, die sehr viele verschiedene Aufgaben übernehmen, die von der Regierung nicht übernommen werden. Entsprechend schwierig ist es den Überblick über die Organisationen zu behalten und deren Tätigkeiten zu behalten. Ich möchte jedoch trotzdem versuchen euch einen vertieften Einblick in die regelmässigen Tätigkeiten, denen ich nachgegangen bin, geben.

Frühstücksverteilungen und obdachlose Flüchtlinge

Wie bereits erwähnt, verteilt die Organisation FoodKind jeden Tag Frühstück an Obdachlose in Thessaloniki. Beim Grossteil der Obdachlosen handelt es sich um Flüchtlinge aus Pakistan, Indien und Bangladesh. Sie sind deshalb obdachlos, weil sie keine Chance auf Asyl in Griechenland haben. Die meisten wurden von Menschenschmugglern ins Land gebracht. Viele von ihnen geben nach einiger Zeit das Warten auf und zahlen denselben Schmuggler nochmals, um sie zurück nachhause zu bringen. Es gibt ein verlassenes Haus in Thessaloniki, indem ein grosser Teil der obdachlosen Flüchtlinge wohnt. Die hygienischen Bedingungen in dem Gebäude waren sehr schlecht. Es gab weder Toiletten, noch fliessendes Wasser oder eine Form der Abfallentsorgung. Dazu kommt dass einige der Obdachlosen alkohol- und/oder drogenabhängig sind. Um ein Mindestmass an Sauberkeit sicherzustellen und die Verbreitung von Krankheiten zu vermeiden, fand während meiner Zeit in Thessaloniki eine grosse Aufräumaktion in dem Gebäude statt. Nach der Aufräumaktion stehen nun auch Wassertanks und Toiletten zur Verfügung.

 

FoodKind verteilt täglich etwa an 500 Personen Frühstück. Soulfood Kitchen übernimmt das Mittagessen und das Abendessen. Während meiner Zeit in Thessaloniki habe ich FoodKind einige Male bei der Zubereitung und Verteilung des Frühstücks unterstützt. Das Frühstück setzt sich zusammen aus Tee, einer Banane und dann abwechslungsweise Müsli, Fladenbrot gefüllt mit Tomaten und Käse oder Schokolade, oder einer Art Müsliriegel. Zubereitet wird das Frühstück in der kleinen aber feinen Kalochori Community Kitchen, die während den Zeiten des inzwischen aufgelassenen Kalochori Camps gegründet wurde und nun weiter genutzt wird.

Bananenverteilungen

Team Bananas versorgt die Bewohner des Camp Sinatex zweimal wöchentlich mit Bananen. Da Team Bananas und IHA sehr eng zusammenarbeiten, gemeinsam wohnen und immer wieder Volunteers „tauschen“, durfte ich auch zur Bananenverteilung nach Sinatex. Bei dem Camp Sinatex handelt es sich um eine alte Fabrikhalle in die Menschen lange in Zelten gelebt haben, inzwischen sind in der ganzen Halle Holzbauten entstanden. Jede Familie bekommt einen „Raum“. Im Moment leben zwischen 150 und 200 Leuten in Sinatex. Etwa die Hälfte davon sind Kinder.

Gemüseverteilung Epanomi

Mittwochs findet immer eine Gemüseverteilung in Epanomi statt. Beim Camp Epanomi handelt es sich um zwei Apartmentkomplexe, die voll mit Ferienwohnungen sind und direkt am Strand liegen. Es handelt sich also um kein Camp im herkömmlichen Sinne. Jede Familie hat eine eigene kleine Wohnung bestehend aus zwei Zimmern, einem Balkon, einem Bad und einer kleinen Küche. Insgesamt leben hier etwa 270 Leute, der Grossteil davon sind Familien mit kleinen Kindern. Im Gegensatz zu vielen einigen anderen Camps ist Epanomi ein einziges Paradies. In Epanomi kochen die Flüchtlinge selbst, um die Lebensmittel dazu einzukaufen bekommen die Familien von der Regierung Cash Cards auf die abhängig von der Familiengrösse ein Guthaben auf die Karten geladen. Dieses Guthaben reicht meist nicht aus, um die Familie einen Monat lang zu ernähren, Windeln zu kaufen und den Bus zur nächsten Einkaufsmöglichkeit zu bezahlen. Deshalb finden hier Gemüse- und Milchverteilungen sowie regelmässige Windelverteilungen statt. Das Gemüse wird in grüne und rote Säcke verpackt. Die grünen Säcke sollen Gemüsevorräte für etwa eine Woche für drei Personen bieten und die roten Säcke für eine Person. Zusätzlich wird jede Woche Milch verteilt. In unregelmässigen Abständen kommen dann Vorräte wie Zucker, Öl, Hülsenfrüchte oder Reis dazu. Parallel zur Verteilung findet der „birthday club“ statt bei dem die Geburtstage aller Kinde, die in dieser Woche ein Jahr älter werden, gefeiert werden.

Gemüse Verteilung - aid hoc Hilfseinsatz Flüchtlingslager Griechenland

Gemüseverteilung Larisa

Larisa ist etwa zwei Stunden südlich von Thessaloniki. Es ist das grösste Camp in dem ich während meinem Aufenthalt war. Das Camp hat eine Kapazität von 1´500 – bei meinem ersten Besuch hatte es etwa 1´200 Bewohner und bei meinem letzten etwa 1´000. Jeden Freitag findet hier eine Gemüseverteilung statt. Das Gemüse wird nach dem gleichen Prinzip vorbereitet, verpackt (grüne und rote Säcke) und verteilt. Die Verteilung in Larisa ist um einiges aufwändiger als die Verteilung in Epanomi. Die Menschen in Larisa wohnen in Containern, die Gemüsesäcke müssen also mit einer Schubkarre von Tür zu Tür gebracht werden, die Foodcard der Bewohner (die als eine Art Ausweis dient und aufzeigt wie viele Leute zu einer Familie gehören) muss mit der (meist nicht aktuellen) Liste des Militärs verglichen werden und erst wenn die Liste mit der Anzahl Bewohner übereinstimmt bzw. die Unstimmigkeiten geklärt wurden, kann das Gemüse ausgehändigt werden.

Sachspenden sortieren / Arbeit im Epigrafes Warehouse

Wie weiter oben schon erwähnt, verbrachte ich den grössten Teil meiner Zeit im Epigrafes Warehouse und habe Sachspenden sortiert. Kurz bevor ich angekommen bin, wurde das Warehouse von TruckShop übernommen. Verschiedenste Sachspenden werden hier sortiert und anschliessend verteilt.

Die angekommenen Sachspenden werden zuerst in Kategorien (Tops / Bottoms / Jackets / Winter Stuff / Schuhe und Frauen / Männer / Mädchen / Buben, Baby Stuff) sortiert. Zu Beginn werden vor allem Dinge aussortiert. Ein grosser Teil der Spenden ist vollkommen unbrauchbar: die Dinge sind zum Teil kaputt, so dreckig dass es unzumutbar ist, sind nicht adäquat für Camps oder werden vermutlich nicht getragen werden. Es war immer wieder erstaunlich was Leute noch für passend für eine Spendenbox erachten – dreckige, alte, löchrige Unterwäsche, Schuhe mit Löchern an der Sohle, Spielzeugwaffen, etc. Nachdem die Spenden vorsortiert sind, werden sie beispielsweise in Art des Oberteils und Grösse sortiert. Die sortierte Ware wird in Gemüsekisten gepackt. Anschliessend werden die Gemüsekisten aufeinander gestapelt. Während meiner Zeit haben wir viele Sommersachen sortiert und Wintersachen, auf den neu geschaffenen Stauraum weiter oben, um geschlichtet.

warehouse - aid hoc Hilfseinsatz Flüchtlingslager Griechenland

TruckShop

TruckShop versorgt Flüchtlinge mit Kleidung und hygienischen Artikeln. Ziel von TruckShop ist es den Menschen eine Wahl und damit ein Stück Selbstständigkeit und Würde zurück zu geben. Sobald es zu einer Verteilung kommt, werden die benötigten Kleider auf Stangen gehängt bzw. die benötigten Paletten fertig gemacht, anschliessend wird der LKW beladen und der ganze Shop fährt in ein Camp. Ausserdem werden regelmässige sortierte Sachspenden / Container an andere Krisengebiete (z.B. Libanon, Lesbos, Athen, Chios) geschickt. Ein Teil der Flüchtlinge in Thessaloniki wurde während dem Winter aus den Camps in Wohnungen in Thessaloniki umgesiedelt. Um auch diesen Menschen Zugang zu Kleidung und Hygieneartikel zu ermöglichen, wurde nun ein Shop in der Stadt eröffnet. Inzwischen hat TruckShop sich dazu entschlossen die Arbeit in Griechenland abzubrechen und neue Projekte in Belgrad zu starten.