Tagbaltt,“Frisches Gemüse für Flüchtlinge“

FREIWILLIGENARBEIT ⋅ Beeindruckt von der Situation Asylsuchender in Griechenland, gründen junge St.Galler einen Hilfsverein. Dieser versorgt Flüchtlinge mit dem Nötigsten – und will verhindern, dass ihr Schicksal vergessen geht.
Adrian Lemmenmeier

 

«Diese Arbeit ergibt für mich mehr Sinn, als in der Schweiz in einem Büro zu sitzen», sagt Jonas Härter. Seit etwa sechs Monaten ist der 27-jährige St.Galler mehr oder weniger ununterbrochen als Flüchtlingshelfer in Griechenland tätig. Derzeit koordiniert er Freiwilligeneinsätze für eine deutsche Nichtregierungsorganisation. Daneben vertritt er vor Ort einen Verein, den sieben junge Frauen und Männer vergangenen Herbst in St.Gallen gegründet haben: Aid Hoc. «Die Idee des Vereins ist es, Spenden zu sammeln und sie sinnvoll einzusetzen», sagt Härter. Der Vorteil solcher kleinen Projekte sei es, dass man gezielt und ohne lange Vorlaufzeit helfen könne. Gebe es in der Nahrungsversorgung Engpässe, könne Aid Hoc Nahrungsmittel für die Flüchtlinge dazukaufen. Dasselbe gelte, wenn es an warmen Kleidern oder Brennholz mangle. «Wir schliessen Lücken im Versorgungssystem», sagt Härter. Gegründet nach Freiwilligeneinsatz Der Auslöser, Aid Hoc zu gründen, war ein Freiwilligeneinsatz in Nordgriechenland im vergangenen Sommer, an dem Jonas Härter gemeinsam mit fünf Freunden aus St.Gallen und Basel beteiligt war. «Wir wussten damals nicht so recht, was uns erwartete», sagt Aid-Hoc-Mitgründerin Arion Gastpar. Die Zeit in Griechenland habe aber alle beeindruckt. Man habe gesehen, dass man mit wenig Einsatz viel erreichen kann. «Zurück in der Schweiz war uns klar, dass wir auch weiterhin irgendwie helfen mussten», sagt Bastian Lehner. Jonas Härter packte schon drei Wochen später wieder die Koffer und reiste zurück nach Griechenland. «Ich wollte die Leute, denen wir geholfen hatten, weiterhin begleiten.» Die übrigen Mitglieder begannen, Spenden zu sammeln. «Wir mussten zuerst abklären, was genau am dringendsten benötigt wurde», sagt Gastpar. Hier konnten die jungen Leute auf die Kontakte setzen, die sie in Griechenland geknüpft hatten. Jonas Härter konnte dieses Netzwerk vor Ort weiter ausbauen. Mittlerweile kann Aid Hoc pro Monat knapp 10000 Franken Hilfsgelder einsetzen. Im Spendenmonat Dezember war die Summe doppelt so hoch. Damit leistet Aid Hoc einen Beitrag zu einem Projekt, das den Asylsuchenden frisches Gemüse liefert. Als Ergänzung zur spärlichen Grundversorgung. Ansonsten kauft der Verein auch Kleider, Hygieneartikel und andere Bedarfsgüter wie etwa Feuerholz. Einmal erwarb Aid Hoc in der Schweiz auch ein gebrauchtes Ultraschall- sowie ein EKG-Gerät. Bastian Lehner transportierte dieses kurzerhand selbst nach Griechenland. Aid Hoc wolle aber nicht nur helfen, sondern auch aufrütteln, sagt Arion Gastpar. «Wir wollen zeigen, dass die Flüchtlingskrise weiter anhält.» Auch wenn sie oftmals hinter anderen Schlagzeilen verschwinde. Situation besser als im Winter «Im Moment ist die Situation für die Asylsuchenden im Norden Griechenlands besser als auch schon», sagt Jonas Härter. Besonders prekär war die Lage im vergangenen Winter, als viele Asylsuchende in Zeltlagern von der Kälte überrascht wurden. Die staatlich beauftragten Hilfsorganisationen hätten die Menschen daraufhin in leerstehenden Wohnungen und Hotels untergebracht, sagt Härter. Die Zelte seien zudem mehrheitlich durch Wohncontainer ersetzt worden. Es gebe aber nach wie vor Lager im Freien. Die Arbeit werde den freiwilligen Helfern aber kaum ausgehen, sagt Jonas Härter. Schliesslich warteten immer noch über 55000 Asylsuchende in Griechenland darauf, in ein anderes Land der Europäischen Union überstellt zu werden. Daneben gebe es eine grosse Zahl nicht anerkannter Flüchtlinge, die im krisengebeutelten Griechenland in der Illegalität leben. Schliesslich könne sich die Lage auch jederzeit wieder verschlechtern, sagt Bastian Lehner. Politische Entscheide könnten ebenso ändern wie das Wetter – und beides habe Einfluss auf die Situation der Asylsuchenden. www.aidhoc.org «Für uns war klar, dass wir irgendwie helfen mussten.» Bastian Lehner Lichttechniker «Wir wollen zeigen, dass die Flüchtlingskrise weiter anhält.» Arion Gastpar angehende Kunststudentin