Aktuelle Situation auf Samos

Refugees Camp in Samos
Foto: Claudia B Rosel

Seit unserem letzten Newsletter hat sich die Situation nicht wirklich verändert – die Situation ist weiterhin prekär. Laut den Statistiken der griechischen Regierung sitzen momentan etwa 3‘200 Menschen auf Samos fest. Der Grossteil davon lebt im „Jungle“. Bei ihrer Ankunft werden die Geflüchteten nicht mit Zelten, Decken, Kleidung oder Hygieneartikeln versorgt. Die Erstversorgung wird in den ersten Tagen nach der Ankunft von Refugee4Refugees übernommen. Dazu müssen die Betroffenen jedoch in deren Verteilzentrum kommen.
Da es keine ausreichende Müllentsorgung im Jungle gibt, ist der geringe Raum zwischen den Zelten mit Müll gefüllt. Das zieht natürlich Ratten an – mit den steigenden Temperaturen wird sich diese Situation in den nächsten Monaten sicherlich zuspitzen. Da es im Camp sehr wenige und im Jungle fast keine Toiletten gibt, werden vor allem nachts leere Flaschen zur Hilfe genommen oder der Raum zwischen den Zelten als Toilette genutzt. Vor allem Frauen haben grosse Angst ihre Zelte nachts zu verlassen, das aus gutem Grund. Vergewaltigungen werden leider praktisch täglich begangen. Auch Strom und Licht gibt es nicht. Auch der mangelnde Zugang zu fliessendem Wasser stellt ein grosses Problem dar.
Die Essensversorgung läuft über das griechische Militär und die Campleitung. Theoretisch sollten drei Mahlzeiten pro Tag verteilt werden. Um Frühstück zu bekommen, stehen die Menschen teilweise ab 3 Uhr morgens in der Schlange. Meist gibt es nicht genug für alle. Die Portionen sind klein und nicht ausgewogen. Zusätzlich gibt es 1.5 Liter Wasser pro Person und Tag.
Einen kleinen Lichtblick in diesem grauen Alltag bieten diverse Freiwilligenorganisationen. In unserem letzten Newsletter haben wir euch bereits einige Organisationen vorgestellt. Inzwischen haben einige zusätzliche Organisationen ihre Arbeit begonnen und weitere Projekte sind im Aufbau.
Med’EqualiTeam hat inzwischen eine zusätzliche Fläche angemietet, um die Klinik zu vergrössern. In der direkten Nachbarschaft befinden sich Refugee Law Clinic Berlin und Avocats Sans Frontières. Beide bieten juristische Unterstützung während dem Asylprozess. Still I Rise bietet Jugendlichen zwischen 12-17 Jahren Schulbildung, Tagesstruktur und ein Mittagessen. Samos Volunteers betreibt weiterhin den Waschsalon und das Alpha Center, in dem Bildung für Erwachsene angeboten wird. We Are One bietet einen sicheren Ort für Frauen und Kinder bis 2 Jahren an. Ausserdem werden Yoga- und Tanzkurse durchgeführt. Action for Education bietet Bildung und Mittagessen für Jugendliche zwischen 18-23 Jahren an. Ausserdem kochen sie für ihre Nachbarinnen im We Are One-Center. Im Baobab Community Center wird Mittagessen für alleinreisende Mütter bzw. Väter und ihre Kinder gekocht. Ausserdem gibt es Duschen und WLAN. Weitere Projekte, die sich auf die Bildung von Kindern unter 12 Jahren, junge Männer und Essen konzentrieren, sind in Planung.

Arbeit von Refugee4Refugees
Ich habe meine Zeit auf Samos bei der Organisation Refugee4Refugees verbracht. Die Organisation hat bereits sehr viel Erfahrung mitgebracht als sie nach Samos gekommen sind, da sie bereits die zwei Jahre davor auf Lesbos aktiv waren. Seit Beginn des Jahres sind sie nun also auf beiden Inseln aktiv. Auf Samos betreiben sie ein Verteilzentrum für Kleidung und Hygieneartikel – eine Art Shop. Hier können die Menschen sich mit dem nötigsten versorgen. Die Verteilungen laufen jeweils so ab, dass Tickets im Camp vergeben werden und die Leute dann zum jeweiligen Termin in den Shop kommen können. Neuankömmlinge werden direkt im Shop versorgt, auch ohne Ticket. Neuankömmlinge bekommen im Shop Hygieneartikel (WC-Papier, Feuchttücher, Zahnbürste, Zahnpasta, Seife, Shampoo), eine Decke, Unterwäsche, T-Shirt, Pullover, Hose und Jacke. Die Zusammensetzung der Kleidung kann sich natürlich je nach Jahreszeit ändern.

Foto: Claudia B Rosel

 

Ausserdem betreiben sie ein Sachspendenlager. Hier habe ich den Grossteil meiner Zeit verbracht. Das Sachspendenlager existiert bereits seit einigen Jahren und wurde in den letzten Jahren von unterschiedlichen Organisationen betrieben. Dementsprechend chaotisch und unorganisiert war es. Mein Ziel war Ordnung zu schaffen und einen Überblick zu bekommen, was alles vorhanden ist und was aus beispielsweise Athen bestellt werden muss. Wenn nicht ganz klar ist, was alles vorhanden ist, ist es besonders schwierig Verteilungen durchzuführen und dabei sicherzustellen dass niemand leer ausgeht. Dementsprechend kann beispielsweise keine Verteilung von Männerkleidung durchgeführt werden, wenn nicht sichergestellt ist, dass genug für alle Männer vorhanden sind. Dadurch dass es fast schon an der Tagesordnung liegt, dass sich die Menschen stundenlang anstellen müssen und danach dennoch leer ausgehen, ist es besonders wichtig hier genug für alle zu haben. Ausserdem muss sichergestellt werden, dass niemand bevorzugt behandelt wird.
Omar, einer der Gründer von R4R, und einige Community Volunteers verbringen sehr viel Zeit im Camp und im Jungle und stellen unermüdlich neue Zelte auf. Nachmittags wird jeweils das Camp gereinigt. Das ist eine sehr frustrierende und auf alle Fälle eine sehr unhygienische Aufgabe. Müll und Urinflaschen werden mit Hilfe von Community Volunteers eingesammelt, Müllsäcke werden aufgehängt und verteilt. Die Leute werden auf die grossen Mülltonnen hingewiesen. Zusätzlich werden nachmittags jeweils „Kids Activities“ durchgeführt.

 

Refugee4Refugees Team
Foto: Claudia B Rosel
Refugees Camp in Samos
Foto: Claudia B Rosel

Auch wenn es in kleinen Schritten vorwärts geht, ist der Unterschied zu letztem Sommer, als Jonas, Bastian und Helena Samos das erste Mal besucht haben, deutlich sichtbar. Trotzdem bleibt die Situation weiterhin schwierig und wir werden Organisationen wie Refugee4Refugees und Med’EqualiTeam sicherlich weiterhin unterstützen und unsere Kooperationen mit neu entstehenden Projekten in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich noch weiter ausbauen, dabei sind sehr dankbar, euch dafür im Rücken zu wissen.